An Selbstbewusstsein fehlt es in der Schweizer Out-of-Branche nicht: Mit 20 Prozent Marktanteil am Gesamtbruttowerbemarkt (im Vergleich: Deutschland 8,3% H1/23) und den nach eigener Einschätzung qualitativ hochwertigsten Werbeflächen sieht man sich zusammen mit Singapore an der Weltspitze.
Doch am eidgenössischen Out-of-Home Gipfel war es zuletzt recht stürmisch: Goldbach (TX Media) übernahm den Wettbewerber Clear Channel Schweiz und die ausstehenden Anteile von Neo Advertising. So entstand ein veritabler Wettbewerber zum weiterhin unangefochtenen Marktführer APG.
Livesystems – der Elefant im Raum
Mehr Unruhe droht allerdings von Livesystems. Das Out-of-Home-Tochterunternehmen der Schweizer Post war auf der Woohw-Konferenz der Elefant im Raum und als einziger relevanter Schweizer Anbieter nicht am Event und den Awards beteiligt. Seit der Übernahme von Livesystems durch die staatliche Swiss Post 2021, mitten in der Pandemie, spielt nun ein Staatskonzern in der ersten Schweizer Out-of-Home-Liga mit. Neben der DooH-Vermarktung von Postfilialen und Postbussen fordert Livesystems das OoH-Establishment zunehmend auch im öffentlichen Raum, an Bahnhöfen und im ÖPNV heraus.
Auch wenn es von den privaten Anbietern wie APG, Goldbach Neo, Horizon & Co. nicht zum öffentlichen Rütlischwur kommt, so besteht doch die Sorge, dass der neue staatliche Wettbewerber den Markt verzerren könnte.
Neo Advertising: 20 Jahre DooH in der Schweiz
Ein weiteres Thema der Konferenz war das 20. Jubiläum von Neo Advertising. Der Genfer DooH-Anbieter war ein Digital-Pionier – nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit. Der von Christian Vaglio-Giors gegründete DooH-Netzwerkbetreiber investierte im großen Stil in DooH- und Retail-Media-Netzwerke in Europa, aber auch China, Indonesien oder Kanada.
Die Erfolgsgeschichte von Broadsign – Neo Advertising war Launchkunde – ist in den frühen Jahren eng mit Neo verbunden. Doch die Finanzkrise 2008 beendete die globale Expansion schlagartig. Die deutsche Tochter wurde von Ströer übernommen, während Neo Advertising seit Jahresbeginn eine 100%ige Tochter von Goldbach ist.
Konsumverbot – nicht Werbeverbot
Ähnlich wie in Deutschland wird auch in der Schweiz immer häufiger über Werbeverbote diskutiert. Mal soll Werbung ganz verschwinden oder die Werbung für ungesunde Lebensmittel verboten werden. Volksabstimmungen sorgen teilweise für radikale Entscheidungen, wie die in letzter Minute abgewandte Verbannung jeglicher kommerzieller Außenwerbung in Genf (invidis Bericht). Oder eine Zweisprachenpflicht für Werbekampagnen in Biel bis hin zu Verbotsdiskussionen von DooH in Zürich.
Von AI bis Nachhaltigkeit
Natürlich fehlten auch Trendthemen wie Generative AI, Programmatic und Nachhaltigkeit nicht. Gesellschaftliche Diskussionen über die Gefahren von AI wie Deep Fake sind aus Sicht der Schweizer OoH-Branche auch eine Chance. Denn gedruckte Plakate entschleunigen nicht nur den öffentlichen Raum, sondern sind auch vertrauenswürdig. Ganz anders als Onlinebanner oder Onlinevideos.
Das Bewusstsein für nachhaltige OoH-Kampagnen ist auch in der Schweiz sehr ausgeprägt, sowohl bei Kunden wie auch bei Agenturen und Netzwerkbetreibern. CO2 muss eliminiert werden und nicht nur kompensiert werden. Analog zu Deutschland sieht sich die OoH-Branche in der Schweiz gut positioniert, denn kein Werbemedium hat einen geringeren CO2-Fußabdruck als Out-of-Home.
Teilnehmer der Gesprächsrunde
- Andrea Bison (Co-CEO, COO & Partner, Thjnk Zürich)
- Nathalie Diethelm (Co-CEO, Mediaplus Suisse)
- Markus Ehrle (CEO APG|SGA und Präsident AWS)
- Jeannine Micheli (Head of Digital Marketing & Media, Amag Import)
- Christoph Marty (CEO, Goldbach Neo und Vize-Präsident AWS)
- Moderation: Tanya König
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