Die Piccadilly Lights in London, das Coex Atrium in Seoul und natürlich der New York Times Square – sie gehören zu den ikonischsten DooH-Flächen der Welt. Wer die riesigen, Fassaden-umspannenden Screens noch nicht live gesehen hat, der kennt sie aus Social Media. Denn die Kampagnen, die hier laufen, haben inzwischen wenig mit regulärem Digital-out-of-Home gemein: Es sind kleine Kunstwerke, die eigens für ihre Leinwand geschaffen wurden.
Spielwiese für die großen Namen
Vor allem in Asien und Nordamerika entstanden in den letzten Jahren neue architektonische DooH-Highlights. Aber auch die Werbekampagnen, die auf den großen Screens laufen, werden immer spektakulärer: Das Modehaus Dior ließ 2024 seine Signature-Schmetterlinge als winzige Animationen mit 3D-Effekt über mehrere synchronisierte Screens fliegen. Samsung teaserte sein Galaxy Unpacked Event mit Parallel-Kampagnen auf beinahe allen bekannten DooH-Stätten weltweit an. Und Taylor Swift veröffentlichte in der Woche vor Release ihres Albums „Midnights“ einzelne Songtexte immer kurz vor Mitternacht auf Screens in den USA und UK.
Es sind also die großen Brands, Künstler und Tech-Konzerne, die sich auf den ikonischen Netzwerken verwirklichen. Je mehr Spektakel, desto besser.
Alle Iconic-DooH-Netzwerke um den Globus
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Werbung oder Attraktion?
Iconic DooH lässt die Grenzen zwischen Out-of-Home und immersiven Erlebnissen verschwimmen. Diese Bewegung gipfelte im September 2023, als The Sphere in Las Vegas öffnete. Die überdimensionale LED-Kugel setzte Brands ganz neue Ideen in den Kopf. Ein Kreativstudio, das bereits mehrere Kampagnen für die Sphere-Fassade produzierte, ist BCN Visuals mit Hauptsitz in New York. Chief Creative Officer Davide Bianca betreute beispielsweise die Xbox-Markenkampagne „Power your dreams“ von Microsoft. Und stellte gleich zwei Weltrekorde auf: Es war die erste Kampagne mit 3D-Effekt auf einer Kugel – und auf die Fläche gerechnet, die bisher größte.
„Was wird die Leute dazu bringen, darüber zu sprechen?“ – Davide Bianca von BCN Visuals
„Wenn man mit Marken wie Xbox, Marvel oder Avatar zu tun hat, muss man sich Fragen stellen wie: Was wird die Leute dazu bringen, darüber zu sprechen? Inwiefern ist die Kampagne größer als das, was er vorher gab?“, sagt Davide Bianca. Was sein Team für Microsoft auf The Sphere zauberte, war zwar einerseits eine spektakuläre Inszenierung der Marvel-Superhelden – andererseits aber auch ein ganzes Event: Man lud Influencer und VIP-Gäste ein und buchte die Hotelzimmer in Las Vegas mit der besten Sicht auf die Kugel. Damit katapultierte man die Reichweite von einigen Tausend Live-Zuschauern auf ein Online-Millionenpublikum.
Die soziale Verstärkungsebene
Von dieser zusätzlichen Reichweite lebt Iconic DooH: Eine Kampagne wie die von Microsoft ist teuer – für einen Tag auf der Fassade von The Sphere zahlt man angeblich eine halbe Million US Dollar. Sie muss also so entwickelt werden, dass sie einen direkten Wow-Moment auslöst, der in den sozialen Netzwerken viral geht.
Dass Social Media und Iconic DooH ein Power-Werbematch sind, hat auch eine neurowissenschaftliche Studie bewiesen, die der Piccadilly-Lights-Vermarkter Ocean Outdoor mit dem amerikanischen Institut Neuro-Insight durchführte. Das Thema: Wie können ikonische DooH-Touchpoints eine Social-Media-Kampagne optimieren? Das Ergebnis: Sehen Verbraucher auf Social Media einen Marken-Post, nehmen sie ihn um 28 Prozent häufiger war, wenn sie ihn bereits vorher auf einem großen DooH-Screen gesehen haben.
DooH ist also der ideale Multiplikator von Social Media – und umgekehrt. Dieser Effekt verstärkt sich, je innovativer, je größer und je spektakulärer die Kampagne ist – und dafür sind ikonische DooH-Flächen gemacht.
Die Content-Herausforderung
Die Herausforderung ist, dass sich dieser Wow-Effekt schlecht skalieren lässt. Jeder Screen – jede Leinwand – braucht ihre eigene Produktion. BCN Visuals startet beispielweise für jede Kampagne mit einer Screen Study. Teil dieser Vorbereitungsarbeit ist es oft, den „Sweet Spot“ herauszufinden – wie die besten Sitze im Kino ist das der Punkt, an dem man die beste Sicht auf den Screen hat. Genau für diesen Punkt passt man den Content an, denn hier nimmt man die Kampagne auch für Social Media auf.
Besonders wichtig ist dieser Sweet Spot bei Animationen, die mit der Forced-Perspective-Technik entwickelt sind. Der Effekt, dass Content-Elemente aus dem Screen herausragen, funktioniert nur an der richtigen Stelle. Bei L-förmigen Screens ist das typischerweise in der Verlängerung der L-Kante. Bei The Sphere ist das Hunderte von Meter von der Kugel entfernt.
Lebendige Fassaden
Ikonische DooH-Flächen unterscheiden sich aber noch in einem weiteren Punkt von regulären Roadside-Screens: Sie verschmelzen mit Fassaden und sind somit Teil der Architektur von Gebäuden. Bestes Beispiel ist der LED-Screen auf dem Burj Khalifa in Dubai, der das höchste Gebäude der Welt nachts lebendig werden lässt. In West Hollywood, 16 Flugstunden von Dubai entfernt, zieren von Star-Architekten entworfene DooH-Werbeträger den Sunset Boulevard.
Medienfassaden wirken eine große Faszination aus, die durchaus auch in Europa Anklang findet. Hier sieht man aber nur wenige, und wenn dann deutlich kleinere Fassadenscreens. Besonders im DACH-Raum sind große Bewegtbilder im öffentlichen Raum den Behörden ein Dorn im Auge – Genehmigungen sind fast unmöglich zu bekommen sind. Ein Schlupfloch, das Außenwerber gerade zunehmend entdecken, sind begrünte Fassaden mit eingebettetem Screen. Mit Pflanzen umrankte Medienfassaden könnten also die europäische Version von Iconic DooH werden.