Wer das München-Büro von TV-Wartezimmer betritt, wähnt sich nicht nur vom Interieur her in einer Kreativwerkstatt: Designer und Redakteure arbeiten hier an hochwertigen, auf die spezifische Zielgruppe zugeschnittenen Inhalten.
Diese Zielgruppe bedient das Unternehmen mit Hauptsitz in Freising wie kein zweiter – und das nun seit bereits 20 Jahren. TV-Wartezimmer wurde 2003 gegründet und ist mit mittlerweile 7.500 installierten Systemen in deutschsprachigen Arztpraxen und Kliniken Marktführer für die digitale Arzt-Patientenkommunikation im Wartebereich.
Die Quantität spricht für sich, doch ist in dieser Sparte auch Qualität sehr wichtig. „Man braucht ein überzeugendes Produkt und eine sehr gute Dienstleistung, um in dieser spitzen Zielgruppe zu überzeugen“, betont Geschäftsführer Christian-Georg Siebke im invidis-Interview.
Datenbank mit medizinischen Clips
Womit man wieder auf die Contentproduktion kommt: Rund 850 medizinische Filme hat das Unternehmen in seiner Datenbank. Dabei drehen sich die Filme um vielfältige Themen, von Informationen zu verschiedenen Krankheiten bis zur Aufklärung bei Impfstoffen. Hier muss jedes medizinische Detail stimmen – zusätzlich legt TV-Wartezimmer Wert auf eine ansprechende Interpretation.
Hinzu kommen weitere Inhalte, zum Beispiel Werbungen für Igel-Leistungen oder ein Patienten-ABC, das die Rechte der Praxisbesucher erläutert. Insgesamt kommt TV-Wartezimmer auf 2.500 Inhalte – alle inhouse produziert. Daher arbeiten auch von gut fünfzig Mitarbeitern elf in der Produktion. Das Team gewann auch schon Kreativpreise, zum Beispiel bei der DooH Creative Challenge.
Mehr als Werbefläche
Dass DooH-Netzwerke die Werbung durch hochwertige zusätzliche Inhalte aufwerten, ist nichts Neues; doch bei TV-Wartezimmer liegt die Sache etwas anders: Das Unternehmen sieht sich als Service-Dienstleister für die Ärzte. „Wir sind das Schaufenster der Praxis. Kommunikations- und Marketingtool in einem“, sagt Christian-Georg Siebke.
Entsprechend bezahlen die Arztpraxen auch für die Installation und den Betrieb der TV-Wartezimmer-Screens. „Die Aufstellungen müssen die Kosten decken“, betont der Geschäftsführer. Obendrauf kommt dann das DooH-Geschäft. In der Regel beschränkt TV-Wartezimmer selbst den Werbeanteil vertraglich auf 15 Prozent. Das Unternehmen will für Standortpartner, Publikum und Kunden mehr als eine reine Werbefläche sein.
Ein Geschäftsmodell, das funktioniert. „Wir wachsen stärker als DooH insgesamt“, betont Christian-Georg Siebke. TV-Wartezimmer hat es geschafft, vier Jahre in Folge seinen Media-Umsatz mit +30 Prozent YoY zu übertreffen. 2023 waren es 44 Prozent Wachstum, in diesem Jahr dürfte laut dem Geschäftsführer noch mehr drin sein.
Dwelltime ist sehr hoch
Bei allen Vergleichen mit der DooH-Industrie muss man bei TV-Wartezimmer von einer anderen Situation ausgehen: Wartezimmer-Screens sind nicht das einzige DooH-Medium mit Dwelltime, diese ist aber sehr hoch. Für Christian-Georg Siebke ist es daher wichtig, dass TV-Wartezimmer sich selbst vermarktet. „Der Education-Aspekt ist zentral. Trotz des Erfolgs lernen viele Kunden TV-Wartezimmer immer noch zum ersten Mal kennen. “
Seit 2021 geht das auch programmatisch; das Netzwerk ist an die SSP1 der One Tech Group und an Hivestack angeschlossen. Doch der Hauptteil wird direkt gebucht; eine wichtige Rolle spielt hierbei die Hyperlokalvermarktung – Blumenläden um die Ecke, die einen Spot bei einer Praxis buchen. „Wir nennen das die ‚Kiez-Vermarktung‘“, führt der Geschäftsführer aus. „Andere DooH-Anbieter beschränken sich mehr auf das Regionalgeschäft, wir zielen auf das ganz unmittelbare Umfeld des einzelnen Screens .“ Diese Vermarktung übernimmt das Partnerunternehmen Spot-M.
Eigenes Technikerteam
In puncto CMS setzt das Unternehmen auf eine Eigenentwicklung. Bei den Displays kommen zurzeit vor allem Samsung-Produkte zum Einsatz, als Distributionspartner steht Siewert & Kau bereit. Ein entscheidender Faktor für Christian-Georg Siebke: Lieferbarkeit. Schließlich müssen jeden Monat 80 bis 100 Screens installiert werden. „Wir befinden uns im permanenten Rollout“, betont er. Hierfür wird auch ein eigenes Technikerteam unterhalten, das Installationen und Wartungen durchführt.
TV-Wartezimmer hat sich in Deutschland und Österreich in der Nische eine Quasi-Monopolstellung erarbeitet. „Unser größter Konkurrent ist die Arztpraxis, die alles selbst machen will“, sagt Christian-Georg Siebke.
Außerhalb des Kerngeschäfts will TV-Wartezimmer in Zukunft noch mehr Fokus auf die Produktion von Content legen. Das hebe die Profitabilität. Dazu zählen Services für dritte Unternehmen, DooH-Spots für Werbekunden und die europaweite Lizenzierung ihrer medizinischen Filme. Somit ist das Unternehmen motiviert, auch noch ein fünftes Rekord-Jahr in Folge hinzulegen.