Der Amazon Fresh Store im Norden von Los Angeles liegt in direkter Nachbarschaft zu Kohl’s, einer der Top-3-Supermarktketten der USA. Von außen unterscheiden sich die beiden Konzepte kaum, doch auf der Fläche zeigt Amazon seit neuestem seine digitale DNA.
Digital Signage am Eingang von Supermärkten und von der Decke abgehangen sind keine Innovation, so setzt auch Amazon Fresh auf Standard Signage. Ungewöhnlich ist allerdings das Screendesign, der Hinweis auf die Regalnummer und der Hinweis auf bezahlte Werbung.
Automatisch im Store
Wer diesen Amazon-Fresh-Supermarkt betritt, ist in der Retail-Media-Network-Gegenwart angekommen. Einen Designpreis gewinnt Amazon mit dem Content nicht, aber die grafischen Elemente, Beschreibung, Preisanzeige und Regalnummer sind ganz offensichtlich vollautomatisch zusammengestellt worden. Die Punkte am Ende des Beschreibungstexts sind hinlänglich aus Onlinestores bekannt.
Offensichtlich hält es Amazon nicht für nötig, die Texte für Instore anzupassen. Die hauseigene Amazon-AI kann das sicherlich zukünftig übernehmen. Beim Text spart der Onlineriese aus Seattle, bei der Werbekennzeichnung dagegen nicht. Der Hinweis auf Sponsored Content auf einem Digital Signage-Screen in einem Supermarkt ist zumindest ungewöhnlich.
Doppelseitige digitale Kategorie-Beschilderung
Zum ersten Mal entdeckten wir in einem Supermarkt digitale Category Flags – doppelseitige 15,6-Zoll-LCD-Displays, die die Warenbereiche anzeigen. Die bei Amazon Fresh installierten Displays mit Android SoC kommen vom Lenovo-Beteiligungsunternehmen Instorescreen aus Florida. Das Geschäftsmodell der Category Flags ist leicht verständlich – Retail Media lässt grüßen.
Bei unserem Besuch waren die Displays einer der Gänge falsch zugeordnet und zeigten Putzmittel statt Cookies. Ein klassischer Digital Signage Fail der eigentlich nicht passieren sollte wenn die lokale Filialleitung geschult ist.
Aber bei Amazon Fresh wird Digitalisierung großgeschrieben – an der Decke befinden sich in einem Schachbrettmuster installierte großformatige QR Codes, wie sie für selbstfahrende Roboter in der Logistik eingesetzt werden. Kaum überraschend, das Amazon die Erfahrung in den Distributionscentern auch in den stationären Einzelhandel bringt. Während der Öffnungszeiten konnten wir keine Roboter entdecken, aber Use-Cases wie automatischer Stock Control sind wahrscheinlich.
Stretched Displays am Warenträger
Wenig überzeugend sind Stretched Displays entlang der Laufrichtung auf den oberen Warenträgern. Die ebenfalls von Instorescreen stammenden 48-Zoll-Incap-Screens sind stark spiegelnd und in den Gängen schlecht sichtbar. Während unserer Site Inspection bewarb Amazon ausschließlich seine Handelsmarken.
Eine bessere Wirkung würden die Screens überzeugen, wenn sie auf Regalen am Ende eines Gangs installiert sind. Die starke Spiegelung und die im Gegensatz zu den von der Decke abgehängten 16:9-Screens kleinere Displayfläche ist wenig überzeugend.
ESL im Volleinsatz
So wie die meisten Supermarktketten setzt auch Amazon Fresh auf volle ESL-Abdeckung. Genutzt wird die digitale Preisauszeichnung nicht für dynamische Preise, sondern auch für Prime-Rabatte und Paket-Specials (Buy 3 – get 1 free). Dafür nutzt Amazon die Möglichkeiten der farbigen ESL voll aus.
Fazit
Das Supermarktkonzept Amazon Fresh ist bisher kein Erfolg, eigentlich wollte der E-Commerce-Riese jetzt schon in vielen Regionen in den USA vertreten sein. Doch die aufwendige regionale Logistik und der Wettbewerb der großen etablierten Supermarktketten verhindert bisher eine große Expansion.
Aber in den bestehenden Filialen ist die Digitalisierung so weit fortgeschritten wie kaum woanders. Von digitalen Einkaufswagen mit automatischer Erfassung bis hin zu Category Flags Displays und Roboter – der Besuch einer Amazon Fresh Filiale ist immer wieder einen Einkauf wert.