Kommentar

Der unterschätzte Stadtbildfaktor DooH

Seit Tagen diskutiert Deutschland darüber, was Kanzler Merz am Stadtbild stört. Wir wollen die politische Dimension ausklammern und stattdessen einen Aspekt beleuchten, der in der Debatte völlig untergeht: die Rolle von Digital-out-of-Home (DooH) für die gefühlte Sicherheit im öffentlichen Raum.
DooH - Gestörtes Stadtbild neu denken (Foto: Ströer)
DooH – Gestörtes Stadtbild neu denken (Foto: Ströer)

Als zu Beginn des Ukrainekriegs die Sorge um Energiesicherheit wuchs, mussten digitale Werbeträger für bis zu 16 Stunden täglich abgeschaltet werden. Die sichtbare Stromeinsparung beruhigte die öffentliche Diskussion – doch sie hatte einen Nebeneffekt, den kaum jemand thematisierte: Ohne beleuchtete Screens wirkte der öffentliche Raum spürbar unsicherer. Besonders an ÖPNV-Wartehallen fehlte die mit Ökostrom betriebene Lichtquelle, die Menschen unbewusst als Orientierung und Schutz wahrnehmen. Wo Licht ist, wo Bewegung ist, fühlen wir uns sicherer.

Wer abends durch die Innenstadt geht, kennt das Phänomen: Menschen suchen die Nähe von digitalen Werbeträgern oder Schaufenstern mit Displays. Diese energieoptimierten Screens sind nicht nur Werbeflächen, sondern tragen zur Aufenthaltsqualität bei. Selbst Stadtreinigungen bestätigen: Rund um digitale Screens finden sich mehr Zigarettenstummel und volle Mülleimer – ein Indiz für höhere Frequenz und soziale Kontrolle.

Es ist Zeit, die Diskussion über das „gestörte Verhältnis zum Stadtbild“ neu zu denken. Weniger Verbote und ein entspannteres Verhältnis zu DooH könnten nicht nur die urbane Ästhetik bereichern, sondern auch die gefühlte Sicherheit in unseren Städten erhöhen. DooH ist mehr als nur das Massenmedium mit dem kleinsten CO2-Fußabdruck – es ist ein unterschätzter Faktor für ein lebendiges, sicheres Stadtbild.

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