Das die Corona-Pandemie unseren Alltag noch länger bestimmen wird, war auch Optimisten spätestens mit Beginn der aktuell heranrollenden nächsten Infektions-Welle in Deutschland klar. Notlösungen, die besonders in den ersten Wochen nach den Wiederöffnungen die neue Retail-Reality dominierten, weichen zumindest nach und nach ausgefeilteren Lösungen. Die überall installierten Hygienemaßnahmen gehören auch bei den Kunden inzwischen zur neuen Selbstverständlichkeit und der Stay@home-Konsum hat bis vor wenigen Wochen sogar wieder abgenommen.
Aber wie sieht die Retail-Zukunft aus und welche Trends haben sich nach mehr als einem halben Jahr Corona durchgesetzt? Tech-Konzern Fujitsu hat sich mit dieser Frage beschäftigt und fünf Trends identifizert, die die deutsche Retail-Branche derzeit dominieren:
1. Digitaler Wandel im Einzelhandel
Die digitale Transformation wird mehr und mehr zum festen Bestandteil von Handelsunternehmen in Deutschland. Immer mehr Händler erkennen, dass sich Investitionen in digitale Maßnahmen für sie lohnen, wie eine globale Studie von Fujitsu in Kooperation mit dem australischen Meinungsforschungs- und Beratungsunternehmen DataDriven vom Juli 2020 belegt. Laut der unter Einzelhandels-IKT-Entscheidungsträgern in neun Ländern durchgeführten Umfrage halten mehr als zwei Drittel der Befragten die digitale Transformation für essenziell. Das unterstreicht die zunehmende strategische Bedeutung der digitalen Transformation und deren Technologien für den Einzelhandel.
2. Online-Handel und Ladengeschäft rücken immer näher zusammen
Ein weiterer wichtiger Trend ist die Entwicklung der so genannten „letzten Meile“, also der unmittelbaren Auslieferung an den Kunden. Der Online-Handel bringt für das klassische Ladengeschäft mitunter Herausforderungen, öffnet aber auch den Weg zu neuen Kooperationsmodellen, von denen beide Seiten profitieren. Im Zentrum stehen dabei Lösungen wie „Click & Collect“, bei denen die Online-Bestellung im Ladengeschäft abgeholt werden kann. So werden letztere auf Dauer zu etablierten Abholpunkten von so genannten „Drop Shipments“. Das zeigt unter anderem eine Studie des Beratungshauses KPMG, die Retail-spezifische Prognosen für das Jahr 2025 erarbeitet hat. Das entsprechende, so genannte BOPIS-Prinzip (buy online, pick up in-store) macht den stationären Handel damit auch zu einem wichtigen Faktor in der Logistikkette.
3. Smarten Geschäftsmodellen gehört die Zukunft
Ein weiterer Trend setzt auf Smartness – im Sinne digitaler und damit effizienter Geschäftsmodelle und Lösungen, die den aktuellen Betrieb in den Filialen akkurat erfassen und damit eine entsprechende Steuerung von Prozessen und Ressourcen erlauben. Gerade hier wird der Zusammenhang mit dem pandemischen Geschehen deutlich, denn eine smarte Retail-Lösung kann zum Beispiel auch die genaue Anzahl der Kunden im Geschäft oder die verfügbaren Einkaufswagen erfassen. Darüber hinaus lassen sich auch Prognosen erstellen – wichtig im Hinblick auf erwartbare Lastspitzen oder Liefermengen. Nicht zuletzt kann auch der Energieverbrauch wirksam optimiert werden. Wie die Fujitsu-Studie „The Forgotten Shop Floor“ zeigt, sieht die Mehrzahl der Einzelhändler die Notwendigkeit einer smarten Ausstattung, um mit reinen Online-Händlern mithalten zu können. Nicht zuletzt aufgrund der COVID-19 Pandemie hat sich – schneller als von vielen erwartet – auch der gesamte Bezahlprozess verändert weg vom Bargeld hin zur Kartenzahlung.
Dazu Patrick Rövekamp, Head of Retail & Hospitality Sales bei Fujitsu: „Konkret können digitale Technologien zum Beispiel Abhilfe schaffen, indem sie automatisch erkennen, wenn beispielsweise der Leergutautomat voll ist oder die Kühlkette bei tiefgefrorenen Produkten unterbrochen ist oder die Temperatur nicht stimmt. Zudem können Lastspitzen besser bewältigt und Liefermengen an den zu erwartenden Bedarf dynamisch angepasst werden. Intelligente Technologien wie das Store Operations Cockpit von Fujitsu helfen Händlern dabei, ihre Prozesse zu automatisieren, Verkaufsflächen und Ressourcen optimal zu steuern und ihre Mitarbeiter entsprechend zu orchestrieren. Auch Lagerbestandsverwaltung und Lieferlogistik lassen sich mit digitalen Technologien effizienter gestalten. Zum Beispiel mithilfe des Quantencomputing-inspirierten Digital Annealings lassen sich mitunter komplexe Lager- und Lieferoptimierungsprobleme mit bislang unerreichter Geschwindigkeit lösen.“
4. Einzelhändler müssen ihr Angebot auf Mikrosegmente anpassen
Der vierte maßgebliche Trend ist die Anpassung des Einzelhandels-Angebots auf so genannte Mikrosegmente. Konkret bedeutet das: Da sich die Kundschaft und damit die Zielgruppen des Einzelhandels immer stärker diversifizieren – insbesondere im Hinblick auf die Alterskohorten – und damit unterschiedliche Ansprüche zu erfüllen sind, wird der Handel mitziehen und sein Angebot entsprechend ausrichten müssen. Das zeigt unter anderem der Fujitsu-Report „Digital Transformation in Retail“, der zudem feststellt, dass gerade die Generation der Millennials kaum für „One-Size-fits-All“-Sortimente zu gewinnen ist. Helfen kann hier in erster Linie ein Ansatz, der mithilfe digitaler Lösungen spezifische Angebote unter Wahrung der Datenintegrität erlaubt.
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5. Nachhaltigkeit ist entscheidend
Der fünfte Trend besteht aus einem Paradigmenwechsel im Hinblick auf die Nachhaltigkeitsfrage. Das bezieht sich auf die Frage des Umgangs mit den persönlichen Kundendaten, aber auch auf den Umgang mit Ressourcen, Lieferketten usw. Eine Studie von FleishmanHillard zur Generation Z zeigt neben einem erheblichen Verantwortungsbewusstsein aber auch einen bestimmten Hang zum Hedonismus und zur Ich-Bezogenheit. Gerade diese Generation, die große Teile künftiger Käuferschichten stellt, verbindet Nachhaltigkeit mit hohen (individuellen) Ansprüchen an das Angebot.
„Die von uns identifizierten Trends zeigen vor allem eines: Der Handel muss sich kreativ mit den digitalen Herausforderungen auseinandersetzen und sich immer smarterer Methoden bedienen, um zu überleben. Zusätzlich muss er sich in vielen Teilen auch ganz neu erfinden – etwa im Hinblick auf andere Käuferansprüche und deren Auswirkungen aufs Sortiment“, erläutert Rövekamp.
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