DooH

Zeit für Disruptoren

Der Digital-out-Home-Markt wird von jungen Unternehmen aufgerüttelt. Florian Rotberg blickt zurück, wie Framen, Hygh und andere Start-ups die digitale Außenwerbung in den vergangenen zwei Jahren verändert haben.
Zwei Geschäftsmodelle, zwei Erfolgsgeschichten: Screens von Framen und von Hygh. (Foto links: Framen; Foto rechts: Hygh)
Zwei Geschäftsmodelle, zwei Erfolgsgeschichten: Screens von Framen und von Hygh. (Foto links: Framen; Foto rechts: Hygh)

Ende 2020 machte Framen Schlagzeilen: Axel Springer, das größte Verlagshaus Europa, erwarb eine Mehrheit an dem Berliner Start-up – weniger als zwei Jahre nach der Gründung. Der Deal be wertet Framen auf mehr als 100 Millionen Euro. Damit setzten der Großverlag und das Start-up ein Zeichen, dass Veränderung im DooH-Markt ansteht.

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Bei Framen steht das Longtail-Geschäft und dessen Monetarisierung im Fokus. Weder investiert Framen in DooH-Screens noch betreibt es Netzwerke – im Gegensatz zu typischen DooH-Netzwerkbetreibern. Die Plattform-Dienstleistungen des Unternehmens zielen auf Netzwerkbetreiber und Firmenkunden, um diesen mehr Publikumsaufmerksamkeit für ihre digitalen Displays zu verschaffen. Ihre Vision formulieren die Gründer so: „Wir wollen das Internet der vernetzten Screens sein.“

Framen konzentriert sich auf die Longtail-Vermarktung. (Foto: Framen)
Framen konzentriert sich auf die Longtail-Vermarktung. (Foto: Framen)

Denn gerade im Longtail-Markt steckt für Framen enorm viel Potenzial: Millionen von Screens, die bereits in Co-Working-Spaces, Hotellobbys, Fitnessstudios und anderen Semi-Outdoor-Locations installiert sind. Schon immer hatten die Eigentümer dieser Screens Probleme, ihre Digital Signage-Assets zu monetarisieren. Die Gründe: niedrige Frequenz, uninspirierter und veralteter Content sowie die fehlende Skalierung, um für DooH-Werber relevant zu sein. Framen betrat den Markt, um diese einzelnen Screens zu verbinden, indem man Content von hoher Qualität und Relevanz liefert, und um sie über die eigene Progammatic-Plattform an Premium-Marken zu vermarkten.

Content von Springer

Der Springer-Deal katapultierte Framen in die erste Reihe bei den Media Sales, da die Firma nun von Springers Content und Media Sales Units profitiert. Das Start-up arbeitet eng mit Media Impact, dem Vermarkter von Axel Springer zusammen. „Das Media-Impact-Team hat Erfahrung und weiß, was ankommt“, erklärt Magdalena Pusch, CMO und Gründerin von Framen, gegenüber invidis. Gleichzeitig halte Axel Springer die DooH-Bundesliga-Rechte bis 2025 und betreibe mit Bild und Welt einen der größten Newsrooms. „Diesen hochwertigen Content bringen wir mit Framen auf die passenden Screens, um deren Aufmerksamkeit zu erhöhen. Und damit werden auch die Werbespots besser gesehen.“

DooH: Bundesliga-Clips auf mehr als 15.000 Screens

Framen folgt dem gut etablierten Geschäftsmodell von OoH-Marktführern, indem es Qualitätsinhalte und Werbung für größere Relevanz und Akzeptanz von häufig vorbeikommenden Passanten mischt. „Wir bieten neben Werbung zusätzliche Erlebnisse und machen Displays damit zum Point-of-Experience.“ Framen vereint 15.000 Screens in Deutschland und begann bereits, in ganz Europa zu expandieren. Wie jeder relevante DooH-Player investiert auch Framen stark in seine eigene Programmatic-Plattform sowie in die Verbindungen zu DSP und Firmenplattformen. Das Start-up identifizierte Time-to-Play-out als eine Schwäche von vielen DooH-Buchungsprozessen. Bisher benötigten Out-of-Home-Aufträge eine lange Lead-Zeit und relativ hohe Mindestbuchungen.

Hygh: auf Blockchain aufgebaut

Der andere Disruptor im deutschen DooH-Markt ist Hygh. Ähnlich wie Framen will es auch Hygh den Werbetreibenden ermöglichen, ihre Kampagnen schneller und effizienter zu buchen sowie auszuspielen. Hygh rühmt sich, über die eigene Programmatic/CMS-Plattform den Prozess von der Buchung zur Ausspielung in nur fünf Minuten zu vollenden.

Hygh wurde von einem Team junger, erfahrener Blockchain-Experten gegründet, die ein Vermögen mit dem Verkauf ihres ersten Unternehmens gemacht hatten. Auch für das neue DooH-Unternehmen baute das Team auf die Blockchain-Technologie. Investoren können mittels Equity Token investieren – eine Option, die hauptsächlich von Start-ups als eine Alternative zum Gang in die Öffentlichkeit genutzt wird, um die Firma zu finanzieren.

Die DooH-Strategie von Hygh ist eher konventionell: in eigene Screen-Netzwerke investieren und Werbung verkaufen. Es startete in Berlin mit der Aufstellung von 500 High-Brightness-Screens in Schaufenstern von beispielsweise Spätis und in Glasvitrinen auf dem Bürgersteig. 2021 begann Hygh, nach Köln und Hamburg zu expandieren; folgen soll eine Expansion in Europa.

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Während ähnliche Konzepte in DooH-Schaufenstern in den vergangenen zehn Jahren scheiterten, hat Hygh anscheinend den richtigen Zeitpunkt, die richtigen Tools und die richtigen Angebote gefunden. Die meisten Displays von Hygh befinden sich in Schaufenstern von kleineren Geschäften, abseits der großen Einkaufsstraßen. Im Zuge der Pandemie ziehen Verbraucher kleinere Einkaufsgebiete den überfüllten Innenstädten vor.

Anpassung von Social-Media-Content

Nicht nur Premium-Marken buchen Screens von Hygh, sondern auch staatliche Institutionen sowie Influencer und Firmen, die ihren Content eigentlich auf Social Media ausrichten. Hygh optimierte das CMS für Werbetreibende, um unkompliziert bestehenden Social-Media-Content für Instagram, Facebook und andere Kanäle zu integrieren. Vor allem kleinere Modeboutiquen, Bars, Restaurants und andere KMUs haben nicht genug kreative Ressourcen für explizite DooH-Kampagnen. Existierende Social-Media-Inhalte wiederzuverwenden, spart Geld und beschleunigt die Ausspielung.

Hygh verfügt über ein eigenes Screen-Netzwerk. (Foto: Hygh)
Hygh verfügt über ein eigenes Screen-Netzwerk. (Foto: Hygh)

Das Geschäftsmodell von Hygh ist nicht darauf beschränkt, nur die eigenen Netzwerke zu vermarkten. Kürzlich begann das Team auch die Drittvermarktung auf bestehenden Screens in Supermärkten und anderen Locations. Es bleibt abzuwarten, ob sich der USP von Hyghs eigenen Screens und Locations auf eher gewöhnliche OoH-Locations in Lebensmittel- und anderen Geschäften übertragen lässt.

Viele weitere DooH-Newcomer haben den deutschen Markt betreten. Offensichtlich hat die Pandemie die meisten Expansionspläne durchkreuzt. Man muss sehen, wer die Krise überlebt und wer stärker aus ihr hervorgeht. Gut finanzierte, von Private Equity unterstützte Unternehmen werden bedeutender, mit mehr etablierten DooH-Netzwerkbetreibern, die ihr Geschäft verkaufen wollen.

DooH: Hygh expandiert nach München und Frankfurt