Die Idee klingt simpel: Kostenlose EV-Schnellladesäulen (50 kW) sollen Kunden zum Einkaufen, bewegen während Werbung auf den integrierten DooH-Screens die Kosten refinanziert. Doch die Rechnung geht weder in Nordamerika – wo die Stromkosten bis zu 90% günstiger sind als in Deutschland – noch in Europa auf. Und trotzdem lieben Investoren die Story.
Ladesäulen für Elektrofahrzeuge, die auf Parkplätzen von Supermarkt- und Einkaufszentren stehen, sind nicht neu. Doch zu Beginn der EV-Ära setzte man auf langsame Ladesysteme, wie sie auch als Wallbox in der heimischen Garage installiert sind. Während die geringe Leistung bei Ladevorgängen über Nacht völlig ausreicht, lohnt es sich für einen 30-Minuten -Ladevorgang während des Shoppings kaum, das Ladekabel auszupacken. Auch Aldi, Lidl & Co. rüsteten in den vergangenen Jahre Filialen mit 11-kW-Ladesäulen aus, oft kostenlos für Kunden, da der Aufwand für ein Abrechnungssystem den Aufwand kaum lohnt. Die Nutzung hielt sich in Grenzen.
Es besteht kaum Zweifel, das Schnellladesäulen mit systembedingt integriertem Ladekabel im Shoppingumfeld heute der einzig sinnvolle Weg sind. In Deutschland bietet zum Beispiel Ikea Schnelllademöglichkeiten in ihren Einrichtungshäusern an. Zur Zeit nur für eine Handvoll Fahrzeuge gleichzeitig und kostenlos. Die Ladeinfrastruktur für ein paar Säulen und die Anbindung ans Stromnetz kostet leicht einen mittleren sechsstelligen Betrag. Eine Refinanzierung in nennenswerter Größe mit DooH-Werbung ist unrealistisch. Auch da die Säulen oft nicht ideal zum frequenzstarken Eingangsbereich ausgerichtet werden können.
Doch eine kombinierte DooH-EV Infrastruktur kann auch betriebswirtschaftlich Sinn machen, wenn die Parameter stimmen. Ultraschnelle Ladesäulen (150 kW und mehr), Bezahlung durch Nutzer, attraktive und hochfrequente Standorte und integrierte DooH-Screens. Anbieter wie das Münchner Start-up Jolt setzen auf große Batterien in den Ladesäulen, die Strom zwischenspeichern können, somit entfällt die teure und schwerverfügbare Anbindung an das Mittelstromnetz. Der Namensvetter in Australien integriert Schnelllader und DooH-Screens in in Australien üblichen überirdischen Trafostationen der Energieversorger. Der große Vorteil: Fahrzeuge können in 15 bis 20 Minuten eine praktisch nutzbare Reichweite nachladen und Fahrer und Konsumenten bleiben dabei oft auch noch im Fahrzeug sitzen. Praktisch für die Reichweite der integrierten DooH-Screens.
Ähnlich könnte es zukünftig auch in Ladeparks aussehen, wie sie zum Beispiel von ENBW, Ionity oder Tesla betrieben werden. Diese befinden sich oft in schmucklosen Gewerbegebieten oder in der Nähe von Autobahnausfahrten. Wenn der EV-Fahrer Glück hat, ist zum Zeitvertreib eine Tankstelle oder ein Schnellrestaurant in der Nähe, meistens sitzt der Fahrer aber während des 30- bis 60-minütigen Ladevorgangs im Auto. Captive Audience – ideal für DooH.
Die Beispiele zeigen: DooH in Ladesäulen kann funktionieren – wenn das Konzept stimmt.