Goldgrube Programmatic am PoS – größere Retailer werden seit dem Ausbruch der Pandemie von der DooH-Branche mehr umworben denn je. Denn während DooH-Screens in Innenstädten oder Bahnhöfen weniger Verbraucher erreichten als vor der Krise, waren Supermärkte, DM, Rossmann & Co. weiter hoch frequentiert.
Signage Sunday ist der invidis Kommentar mit Fokus auf Themen jenseits des täglichen Nachrichtenstroms. invidis Consulting-Berater analysieren und bewerten aktuelle Trends und Entwicklungen in und um Digital Signage und DooH.
Die Geschäftsaussichten für programmatische DooH-Kampagnen am PoS seien großartig, der Händler müsse nur seine Screens für die Vermarktung zur Verfügung stellen. So oder ähnlich klingen die Angebote, die frequenzstarke Einzelhändler reihenweise auf den Tisch bekommen. Es ist unbestritten – die programmatische Planung und Ausspielung von Kampagnen revolutioniert die DooH-Mediagattung. Die verfügbaren Budgets kommen nicht mehr nur aus Out-of-Home Budget-Töpfen. sondern werden gattungsübergreifend rein nach Zielgruppen und sozioökonomischen Merkmalen ausgesteuert. Es herrscht Goldgräberstimmung, nach vielen Aufbaujahren scheint die Zeit für DooH gekommen.
Doch der neue DooH-Geldsegen trifft am PoS nicht immer auf offene Arme. Denn der Einzelhändler möchte weder sein Schaufenster noch seinen wertvollen Platz im Store so einfach mit Dritten teilen. Im Vordergrund steht für den Einzelhändler Produkt-Promotion – der Verkauf von Produkten und Dienstleistungen des Einzelhändlers soll mit den Kampagnen angekurbelt werden. Die volle Aufmerksamkeit des Kunden soll den Waren im Store gelten.
Einfach zusätzliche viele neue Screens im Store aufhängen, hat sich in der Praxis nicht bewährt. Dass die Platzierung von zu vielen unterschiedlichen Screens am PoS schiefgehen kann, zeigte einige Jahre lang der Kassenbereich von vielen Tankstellen. Im Drang der Umsatzoptimierung ermöglichten Tankstellenbetreiber bis zu sieben unterschiedlichen Netzwerkbetreibern die Installation von Displays rund um den Kassenbereich. Die in Größe und Form höchst unterschiedlichen Displays kannibalisierten sich. Der Verbraucher an der Kasse war überfordert von gleichzeitiger Tabak-, Autowäsche- und Bistro-Kampagnen (alles below-the-Line-Produktwerbung) sowie Kampagnen von externen DooH-Netzwerkbetreibern für Lotto, TV-Sendungen oder Automarken-Imagewerbung.
Jeder einzelne Screen, jede einzelne Kampagne war auf die Zielgruppe und den PoS abgestimmt. Aber die Anzahl der digitalen Reize im Kassenbereich war zu viel.
WKZ vs. OoH
Auch wenn das Multi-Display-Tankstellen-Szenario so heute nicht mehr anzufinden ist, der Konflikt ist geblieben. Heute drängen DooH-Vermarkter vermehrt auf Instore-Screens der Retailer, um einen Teil des Content-Angebots programmatisch mit Above-the-Line Kampagnen zu vermarkten.
Retail Media DooH neben WKZ-Kampagnen – kann das funktionieren? Aus Sicht des DooH-Vermarkters fällt die Antwort eindeutig aus: Frequenz, Opportunity to See, Mindset – alles stimmt. Aus Sicht des Einzelhändlers bringt der „Mischbetrieb“ von Promotion (WKZ – Werbekostenzuschüsse) und Retail Media (DooH) einige Herausforderungen. Das eigene „Messaging“ verwässert, die Kampagnenverwaltung (Black-/Whitelists) ist komplex und oft ein dynamischer Prozess. Und warum soll der Retailer den wertvollen Platz am PoS mit Externen teilen?
Signage Sunday: Wie AI und Daten uns etwas über die Welt lehren
Tank und Rast hat es vorgemacht – das eigene Displaynetzwerk am PoS wurde primär für die Optimierung des Abverkaufs und WKZ ausgerichtet. Eine Drittvermarktung läuft auf separaten Screens, aber unter voller Kontrolle des Retailers. Die Kontrolle über alle Aktivitäten auf der eigenen Handelsfläche gibt man nicht aus der Hand.
Zeiten und Businessmodelle ändern sich – es kann somit durchaus für Händler Sinn machen, Teile des Contentloops über Drittvermarkter für Above-the-Line Kampagnen anzubieten. Aber generell bringt ein „Mischbetrieb“ viel Reibung mit sich. Besser sind klar getrennte Netze verteilt im Store entlang der Customer Journey. Oder frei nach dem Hundeverbotsschild: Liebe Vermarkter – „Ihr müsst draußen bleiben“.