Chris Riegel

"Der Markt ist wie entfesselt"

Stratacache-CEO Chris Riegel scheut sich nicht, gegen den Strom zu schwimmen. Mit der Übernahme von Scala 2016 und dem Umbau zum Direct-to-Business-Vertriebsmodell gelang Stratacache der Aufstieg zu einem weltweiten Anbieter. invidis sprach exklusiv vor der ISE mit dem „Elon Musk der Digital Signage-Branche“.
"Die Branche hat eine Angewohnheit sich selbst zu verzehren": Chris Riegel, CEO von Stratacache, im invidis-Interview (Foto: Stratacache)
„Die Branche hat eine Angewohnheit sich selbst zu verzehren“: Chris Riegel, CEO von Stratacache, im invidis-Interview (Foto: Stratacache)

Die Digital Signage-Branche wäre ohne Chris Riegel und Stratacache um einige Facetten ärmer. Das konnten wir wieder anlässlich unseres fast schon traditionsreichen Exklusivinterviews zur ISE bemerken: Im Akkord arbeitet der Gründer und CEO aktuelle Themen und Entwicklungen ab. Im Gegensatz zu Wettbewerbern muss Chris Riegel keine Rücksicht auf Gesellschafter und Investoren nehmen und nennt die Dinge beim Namen. Ohne Rücksicht auf politische Vorgaben sind Interviews mit den Stratacache-CEO für uns immer eine erfrischende Abwechslung vom „Konzernsprech“ der Marktbegleiter. Auch wenn die Gespräche in der Regel für uns mit mehr Fragen als Antworten enden.

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Die Nachfrage im Retail-Markt ist wie entfesselt

Das invidis-Gespräch fand direkt nach dem NRF 2023 statt, dem jährlichen Stelldichein für Retail Tech Anbieter in New York City. Dort war Stratacache mit einem großen Stand direkt neben Google und Intel im New Yorker Messezentrum direkt am Hudson vertreten. „Dieses Jahr war der geschäftigste NRF seit 25 Jahren. In Nordamerika herrscht nach der Pandemie ein immenser Nachholbedarf bei Retail-Projekten. Der Markt ist wie entfesselt“, sagt Chris Riegel.

Stratacache/Scala auf der ISE 2023

Während die CES ohne Stratacache stattfand, wird das Unternehmen mit seiner Tochter Scala auch auf der ISE 2023 präsent sein – allerdings ohne Chris Riegel. Scala ist in Barcelona auf zwei Ständen vertreten: 2Q450 und 6K150.

Für Chris Riegel sind dies sehr gute Voraussetzungen, um mit Stratacache in den kommenden Jahren stark zu wachsen. In den ersten Wochen des neuen Jahres verzeichnet die Stratacache-Gruppe schon Aufträge im dreistelligen USD-Millionenbereich. Mehrere Großkunden hätten bestehende Verträge langfristig verlängert. „Das Auftragsvolumen der ersten Januarwochen beläuft sich auf 300 Mio. USD,“ sagt Chris Riegel zu invidis – ohne Details zu nennen. Für das Gesamtjahr 2023 erwartet er ein Umsatzwachstum von 35 bis 40 Prozent.

Insgesamt war 2022 ein extrem starkes Jahr

Im abgelaufenen Jahr konnte Stratacache nach eigenen Angaben die weltweiten Umsätze um 15 Prozent auf 1 Milliarde USD steigern. Die weitverzweigte Stratacache-Gruppe – laut Chris Riegel zu 100 Prozent in seinem Besitz – veröffentlicht als Privatunternehmen keine offiziellen Finanzzahlen, sodass uns ein unabhängige Überprüfung der Zahlen nicht möglich ist. Mit einem Jahresumsatz von einer Milliarde USD würde Stratacache in derselben Gruppe wie die beiden US-Wettbewerber Diversified und AVI-SPL (in 2021 jeweils 1,2 Milliarden USD) spielen.

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Kleine DS-Anbieter werden nicht überleben

Stratacache beobachtet schon seit einiger Zeit, wie der Digital Signage-Markt sich im immer schneller werdenden Tempo konsolidiert. In einem reifen Markt ist laut Chris Riegel wenig Platz für kleine Anbieter – wie es zum Beispiel die dedizierte M&A-Abteilung von Stratacache merkt: „Seit Oktober 2022 ist die Anzahl an Verkaufsangeboten bei Dirk Hülsermann und seinem Team von Stratacache Capital rapide angestiegen.“ Die Probleme für Tech-Unternehmen im Kapitalmarkt würden auch die Digital Signage-Branche treffen. „Für verlustbringende Digital Signage Unternehmen ist das Investorengeld weg“, betont Chris Riegel.

Stratacache ist weiterhin auf der Suche nach interessanten Investments, wie der CEO konstatiert. „Wir suchen Übernahmekandidaten die eine ausreichende Größe haben. Typische Digital Signage-Anbieter zwischen 1 und 3 Millionen Jahresumsatz sind uns zu klein, lieber sind uns Unternehmen mit einem Umsatzpotential von 50 bis 100 Mio. USD-Dollar.“

Unternehmen, die nur 2 bis 3 US-Dollar monatlich für ein Digital Signage SaaS-Abo in Nordamerika verlangen, können laut Chris Riegel nicht überleben. „Die Branche hat eine Angewohnheit sich selbst zu verzehren und kleine Anbieter befinden sich in einer Todesspirale. Mit 2 bis 3 US-Dollar monatlich sind noch nicht einmal die Cloud-Infrastrukturkosten gedeckt.“

Ebenso erwartet Chris Riegel mit dem Ausstieg der koreanischen Displayhersteller – Samsung und LG – aus der LCD-Produktion eine Marktveränderung. „Mit dem Vordringen der Chinesen verschiebt sich die (Wettbewerbs-)Landschaft.“

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