Studie

Bienen lieben bepflanzte Stadtmöbel

In Zusammenarbeit mit Wall untersuchte die Deutsche Wildtier-Stiftung eineinhalb Jahre zwei Fahrgastunterstände mit Bepflanzung. Das Fazit: Knapp 50 Wildbienen- und Wespenarten wurden gesichtet. Green-City-Möbel können also dabei helfen, Biodiversität zu fördern – wenn eine individuelle und fachgerechte Bepflanzung vorliegt.
Fahrgastunterstand - Wildbienenhub in der City (Foto: WallDecaux)
Fahrgastunterstand – Wildbienenhub in der City (Foto: WallDecaux)

Im Juni 2021 installierte Wall in Hamburg zwei begrünte Fahrgastunterstände (invidis berichtete). Um jedoch klarzumachen, dass es sich dabei nicht nur um Symbolpolitik handeln sollte, arbeitete der Außenwerber mit der Deutschen Wildtier-Stiftung zusammen. Diese untersuchte die beiden Grünflächen über die gesamte Vegetationsperiode 2022 hindurch, wie wie sich die Bepflanzung auf die Besiedlung der Dächer durch Insekten – besonders im Fokus stehen Wildbienenarten – auswirkt.

Nun liegt der Abschlussbericht des Projekts vor, und die Stiftung sah ihre Erwartungen übertroffen. Trotz der kleinen Flächen konnten von Mai bis September 2022 49 Arten – 25 Bienenarten und 24 Wespenarten – nachgewiesen werden. Darunter befanden sich eine sehr seltene Art sowie eine mit der Sandbiene eine Art, die auf der Vorwarnliste der bedrohten Arten steht. Zudem fanden die Forscher die Goldwespenart Omalus biaccinctus, die zum ersten Mal in Hamburg nachgewiesen wurde.

Fahrgastunterstand mit Bepflanzung in Hamburg (Foto: Wall GmbH)
Fahrgastunterstand mit Bepflanzung in Hamburg (Foto: Wall GmbH)

Somit wurde das Fazit gezogen, dass sich in verdichteten Städten mittels begrünter Fahrgastunterstände Lebensräume beziehungsweise Trittsteine für Insekten bilden können. „Obwohl sich die Gründächer mitten in der Stadt befinden und sie nur eine geringe Größe haben, konnten wir einige wertgebende Arten nachweisen“, erklärt Julia-Marie Battermann, Projektleiterin der Deutschen Wildtier-Stiftung. „Auch die Zahl der Arten und Individuen haben unsere Erwartungen übertroffen. Gründächer können daher wesentlich zum Schutz von Wildbienen-Populationen beitragen.“

Gewusst welche Pflanzenarten

Wichtig für das Gelingen ist dabei eine naturschutzfachliche Bepflanzung des Stadtmöbels, das ebenfalls für diesen Zweck bestimmte Anforderungen erfüllen muss. Die beiden Standorte in Hamburg, in der Osterstraße und an der Stadthausbrücke, wiesen beispielsweise sehr unterschiedliche Bedingungen im Hinblick auf Sonneneinstrahlung et cetera auf. Darauf musste bei der Bepflanzung Rücksicht genommen werden. Um auch für verschiedene Wildbienenarten – die im Gegensatz zu den Honigbienen Einzelgänger sind – gute Voraussetzungen zu schaffen, wurde eine Mischung aus Korbblütlern, Lippenblütlern und Glockenblumen gepflanzt. Diese sind alle sogenannte Wildstauden, die resistent gegen Trockenperioden sind.

„Bisher wurden in Deutschland in Städten nur einfach gestaltete Gründächer – oft nur mit Moos oder Flechten und ohne spezifisches ökologisches Konzept – bepflanzt“, erläutert Patrick Möller, Geschäftsführer Städtemarketing & Service bei Wall. „Unser Ziel war es, durch ein wissenschaftlich fundiertes Konzept, einen nachhaltigen ökologischen Effekt zu erzielen und nicht nur einfach einen Fahrgastunterstand zu ‚begrünen‘. Die erstmals in Deutschland durchgeführte wissenschaftliche Begleitstudie der Wirksamkeit einer Dachbegrünung beweist den Erfolg des gewählten Ansatzes und bestärkt uns im Vorgehen.“

Von links: Patrick Möller von Wall, Staatsrat Martin Bill vom BVM und Anja Proske von der Deutschen Wildtier-Stiftung vor bepflanztem Unterstand (Foto: Wall GmbH)
Von links: Patrick Möller von Wall, Staatsrat Martin Bill vom BVM und Anja Proske von der Deutschen Wildtier-Stiftung vor bepflanztem Unterstand (Foto: Wall GmbH)

Die Pflege der Gründächer auf den Fahrgastunterständen war laut Wall mit geringerem Aufwand verbunden, als anfangs vermutet. Im ersten Jahr nach der Anlage wurden die beiden Flächen bewässert, um das Anwachsen und Ausbreiten der ausgewählten Blühpflanzen sicherzustellen. 2022 musste dann trotz besonders geringer Niederschläge im Sommer nicht mehr gewässert werden. Die ausgewählten Pflanzen erwiesen sich als recht resistent gegenüber den verschiedenen Witterungsbedingungen. Auch die Fahrgastunterstände selbst, die eigens für das Pilotprojekt neu konstruiert worden waren, um etwa Regenwasser aufnehmen und die zusätzliche Dachlast tragen zu können, kamen ohne zusätzlichen Wartungsaufwand aus.

Projekt wird ausgeweitet

Aufgrund der positiven Ergebnisse der Studie, die erstmals in Deutschland den ökologischen Mehrwert kleinerer Gründächer auf Fahrgastunterständen des ÖPNV untersucht hat, erweitert Wall das Projekt um fünf zusätzliche Gründächer in Hamburg. Die genauen Standorte befinden sich noch in der Abstimmung. Wall kann nun beim Aufbau auf die gewonnene Expertise an den Erststandorten zurückgreifen.

Die Wildbienen-Bepflanzung wird auf der entsprechenden OoH-Fläche gleich mitbeworben. (Foto: Wall GmbH)
Die Wildbienen-Bepflanzung wird auf der entsprechenden OoH-Fläche gleich mitbeworben. (Foto: Wall GmbH)

Da hierfür erneut der Aufbau von neu konstruierten Fahrgastunterständen erforderlich ist, werden die Gründächer voraussichtlich ab Oktober 2023 bepflanzt werden und im Jahr 2024 mit entwickelter Vegetation den Insekten neuen Lebensraum bieten können. Die Deutsche Wildtier Stiftung wird mit ihrem Expertenteam erneut die Bepflanzung der Gründächer begleiten und die weitere Erforschung der Habitate in der Wildbienensaison 2024 durchführen. Wall trägt auch weiterhin allein die gesamten Kosten für das Projekt – laut dem Außenwerber handelt es sich hier um einen sechsstelligen Betrag.

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