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DooH

Ströer zieht es ins Schaufenster

München | Lange wurde Hygh vom etablierten (D)ooH-Markt für sein Schaufenster-TV-Konzept kritisch beäugt. Die Berliner ließen sich nicht abbringen und installierten bereits mehr als 4.000 Screens in Schaufenstern in 16 deutschen Städten. Nun folgt Ströer mit einem eigenen Schaufenster-Netzwerk.
Ströer Schaufenster-DooH in München (Foto: invidis)
Ströer Schaufenster-DooH in München (Foto: invidis)

Ehemals Scherbenviertel, zählt der Stadtteil Haidhausen heute zu den klischeehaft gentrifizierten Orten in München. Kurz vor Weihnachten startete Ströer hier einen neuen Test: ein eigenes DooH-Schaufenster-Netzwerk. Offiziell will man sich in der Kölner Zentrale noch nicht zum Testlauf äußern, deshalb haben wir uns ein wenig umgeschaut und umgehört.

Schaufenster-TV hat das Berliner DooH-Start-up Hygh in Deutschland etabliert. Erfunden wurde es vor mehr als 15 Jahren von Cityup in Köln (invidis-Bericht), aber die Zeit war einfach noch nicht reif dafür. 2019 in Berlin als Kiez-TV gestartet (invidis-Bericht), findet man Hygh-Screens nun in 16 großen Städten bundesweit – mit Unterstützung von britischen Investoren und in enger Zusammenarbeit mit Samsung soll das Netzwerk auf mehr als 10.000 Screens ausgebaut werden.

Dass der DooH-Marktführer Ströer – mit 80 Prozent Marktanteil unangefochtener Platzhirsch – das DooH-Segment Schaufenster-TV dem Wettbewerber Hygh auf Dauer überlässt, war nicht zu erwarten. Schon im Sommer 2024 hat sich Ströer laut Marktgerüchten Zugriff auf eine niedrig-fünfstellige Anzahl an sonnenlichttauglichen LCD-Screens eines chinesischen Displayherstellers gesichert. Die ersten Screens wurden nun im Rahmen eines Tests in München installiert, und nach den Feiertagen scheint der Ausbau weiter voranzuschreiten.

Von Pelzhändler bis Schlüsseldienst

Im Münchner Stadtteil Haidhausen scheinen die Location Scouts besonders aktiv zu sein. Auf dem Fußweg zur Arbeit wird der Autor dieser Zeilen nun von über zehn Ströer-Screens in Schaufenstern begleitet. Kein Weg führt mehr aus dem Haus ohne einen Blick auf Ströer Schaufenster Screens. Ob Späti, Friseur, Schlüsseldienst, Brillen, Luxus-Hifi oder Pelze – die Displays des DooH-Netzwerks befinden sich bisher ausschließlich in Schaufenstern von lokalen Einzelhändlern. Präferiert in einer Fußgängerzone ebenso wie in Schaufenstern rund um Ampelanlagen – überall wo die Passantenfrequenz hoch ist und Wartezeiten entstehen.

Im Vergleich mit anderen deutschen Großstädten ist München DooH-unterentwickelt. Genehmigungen im öffentlichen Raum sind rar – selbst für Ströer und Walldecaux, die gemeinsam die ÖPNV-Wartestände betreiben. Genehmigungsfreie Schaufenster-Screens sind offensichtlich eine Alternative. Die nicht repräsentative Screen-Zählung heute Morgen ergab 14 Screens im Umkreis von 800 Metern um das Haus des Autors. Aber auch Indoor gibt Ströer Gas – beim Stammitaliener um die Ecke tauchte aus dem Nichts ein neuer Edgar-Screen aus. Bisher suchten einige lokale DooH Start-ups, mit Digitalscreens Reichweite aufzubauen – die Kosten dafür haben sich mit dem Markteintritt von Ströer drastisch erhöht. Aber auch Hygh wird bei der Schaufenster-Standortakquise den neuen Wettbewerber spüren.

invidis Jahreskommentar 2024/2025: Andreas Heintze | Ströer

55-Zoll-Screens auf solidem Fuß

Ströer setzt auf High-Brightness-Screens mit 55 Zoll auf solidem Standfuß, inklusive Gummiabstandhalter zur optimierten Ausrichtung im Schaufenster und oben aufgesetztem runden Sensor. Die Installation erfolgt superschnell – Strom wird vom Einzelhändler gestellt. Der Betrieb startet morgens um 6 Uhr – wie bei Ströer üblich. Die individuelle Helligkeit der Screens muss noch optimiert werden, nicht alle Anwohner freuen sich, mit Telekom-Magenta, Aida-Blau oder Sparkassen-Rot morgens durchs Schlafzimmerfenster geweckt zu werden. Aber das sind sicherlich nur Anfangsschwierigkeiten, bis die Helligkeitssensoren richtig ausgerichtet sind.

Content und die DooH-Kampagnen ähneln verdächtig den Ströer-Public-Video-Stelen. Tendenziell scheint Ströer bei den genehmigungsfreien Schaufensterscreens auf News zu verzichten, die Werbung steht im Vordergrund, nur unterbrochen von Bildern und langlebigen Content wie Buch-Rezensionen und Ströer-Media-Content.

Inhaber der Schaufenster bekommen Screentime für Eigenwerbung, allerdings scheinen die meisten Ladenbesitzer ihren Eigenwerbeslot noch nicht zu nutzen oder sind mit der Gestaltung und Auflösung überfordert. Für eine belastbare Aussage über die Auslastung der Screens ist es wegen der Feiertage noch zu früh. Doch seit dem Jahreswechsel beobachten wir eine Reihe bundesweiter Kampagnen im Loop.

Der Wettbewerb um die besten Locations scheint hier in München entbrannt. Denn auch Hygh-Screens sind zunehmend sichtbarer in der Stadt. Es wird interessant zu sehen, wer die Hoheit in deutschen Schaufenstern gewinnt.