Quo vadis, Digital Signage? Wohin bewegt sich Digital Signage? Und wie schnell? Die großen Linien der Industrie zogen sich wie ein roter Faden durch die zahlreichen Vorträge, Panels und Workshops des DSS Europe. Wurden auf den Tech Forum am Tag zuvor die Entwicklungen vor allem von Software diskutiert (meine Kollegin Antonia Hamberger hat den Tag zusammengefasst), ging es auf dem DSS Europe um Business- und Strategiefragen – den großen Blick aufs Ganze.
Und der war alles andere als gemütlich. Das verdeutlichte gleich der erste Vortrag zu Cybersecurity, auf dem Spezialisten von Trufflepig Forensics direkt auf der Bühne zeigten, wie leicht Hacker ein System infiltrieren können. Dazu lieferte Florian Rotberg von invidis Zahlen, die wachrüttelten: Durchschnittlich dauert es 200 Tage, bis Unternehmen merken, dass sie gehackt werden. Ist die Attacke entdeckt, dauert es noch einmal durchschnittlich 70 Tage, bis sie eingehegt ist.

Doch auch wenn die Dringlichkeit höher ist denn je: Ein Security-First-Ansatz sollte mittlerweile für jeden Digital Signage-Netzwerkbetreiber mindestens im Kopf bereits stehen. Doch die Herausforderungen für die Industrie reichen weiter – und sind mittlerweile so komplex, dass sie nur schwer zu überblicken sind.
Step into Volatility
Die neue US-Handelspolitik verschiebt die Parameter des Welthandels – und das hat sowohl Folgen für die Digital Signage-Industrie in den USA als auch im Rest der Welt. Gerade der drohende Handelskrieg mit China könnte die Lieferketten nachhaltig verändern. Gerade in diesen Wochen kommen Containerschiffe aus China in Europa an, die nach den einem Handelstopp gleichkommenden Zöllen von ihrem ursprünglichen Ziel USA hierher umgeleitet wurden. Und das ist erst der Anfang.
Der Umgang mit den Zöllen fällt auch deshalb so schwer, da sich die diese innerhalb von Tagen ändern können, Drohungen nur teilweise oder gar nicht umgesetzt werden oder aus dem Nichts neue Strafzölle entstehen. Zusammen mit den globalen Multikrisen bildet das eine Unsicherheit, die Gift für jedes Geschäft ist.
Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen Entscheidungen treffen. Es gilt, eine neue Form der Volatilität zu akzeptieren, in der sich die Gegebenheiten jederzeit ändern können. Abzuwarten, dass alles wieder in die alten Wege kommt, ist dabei die schlechteste Option.
AI ist und bleibt der Gamechanger
Dasselbe gilt für das eine Thema, das die gesamte Arbeitswelt transformieren wird: AI. Zwar wurde auf dem Summit konstatiert, dass die wirklich großen AI-Überraschungen in der Industrie bisher ausgeblieben sind. Doch das liegt vielmehr daran, dass die Änderungen eher unter der Motorhaube, im Maschinenraum der Unternehmen stattfinden. Zahlreiche Unternehmen konnten bereits kleinere Use Cases präsentieren, vom Chatbot über Hilfe bei der Contenterstellung bis zum Streamlining des Sales-Prozesses.

Doch die Zeichen stehen auf fundamentaler Änderung. Wo die Reise hingehen könnte, zeigte auch Josef Schneider mit dem AI Playground, auf dem Möglichkeiten und Chancen von künstlicher Intelligenz vorgestellt wurden. Das alles deutet auf die nächste Stufe hin: Agentic AI wird selbstständig gestellte Aufgaben lösen, auch im Zusammenspiel mit Schnittstellen zu Drittparteien: AI wird Reisen buchen, Bestellungen aufgeben et cetera.
Diesem so wichtigen Thema haben wir in unserem invidis Jahrbuch 2025 ein eigenes Kapitel gewidmet. Dort gehen wir tiefer auf die vielfältigen Chancen und Herausforderungen ein. Das Jahrbuch wurde auf dem DSS Europe verteilt und ist in Kürze auf invidis.de herunterladbar.
Von Risiken zu Möglichkeiten
Das alles bildete einen Brocken, den den die Summit-Teilnehmenden erst einmal verdauen mussten, quasi ein B2B-Doomscrolling in Vortragsform. Doch gleichzeitig konnte der DSS Europe hier seine Stärken ausspielen. Denn Handlungsoptionen wurden ebenfalls zur Genüge aufgezeigt: Zukunftsträchtige Geschäftsmodelle wurden diskutiert, führende Digital Signage-Unternehmen stellten ihre Strategien vor, und die exzellenten Network-Möglichkeiten luden zu neuen Allianzen ein.
Dabei stand das Hauptthema des invidis Jahrbuchs 2025 besonders im Fokus: Managed Signage. In Analogie zur IT-Industrie transformieren sich Digital Signage-Unternehmen zunehmend vom Integrator zum Dienstleister – weg von einem produktzentrierten hin zu einem servicezentrierten Angebot.
Denn gerade große Kunden wollen heutzutage einen One-Stop-Shop, eine allumfassende Dienstleistung, bei dem der Integrator nicht nur die Installation verantwortet, sondern auch den Betrieb und das komplette Lifecycle-Management. Hierfür ist ein gewisses Set an Fähigkeiten Pflicht, doch lassen sich so auch neue Services und Geschäftsmodelle integrieren, für die bisher kein Platz war.
Eine neue Produktkategorie
Ein weiteres vielversprechendes Gebiet bilden E-Paper-Displays für Digital Signage. Das Besondere: Die extrem energiearmen E-Paper ersetzen keine LCD- oder LED-Screens. Vielmehr sind sie perfekt darauf ausgelegt, analoge Plakate, Schilder und Informationstafeln zu ersetzen – ein riesiges Potenzial für die Digital Signage-Industrie, die sich ganze neue Märkte erschließen können.
Doch dafür muss ein Umdenken stattfinden: E-Paper-Displays sind nicht nur „LCDs with Energy Benefits“; sie bilden eine neue Produktkategorie, die von Visual-Solutions-Anbietern erst einmal komplett verstanden werden muss – genauso wie die neuen potenziellen Zielmärkte. Perfekt wurde das illustriert bei einem E-Paper-Panel auf dem DSS Europe, als live auf der Bühne diskutiert wurde, welche Produkteigenschaften für den Durchbruch zuerst ausgebaut werden müssen.

Auch den E-Paper-Displays, ihren Einsatzgebieten und den Herausforderungen, haben wir eine eigene Sektion im invidis Jahrbuch 2025 gewidmet.
US-Unternehmen bringen sich ein
Somit formte sich für die Teilnehmenden langsam ein Bild für die Zukunft: Handeln tut not, aber richtig. Neue Wege müssen gegangen werden, neue Geschäftsmodelle ausprobiert werden, dann ergeben sich auch die entsprechenden Möglichkeiten. Ein weiteres Indiz, wo es hingehen könnte, waren die Gewinner der invidis Strategy Awards, die durch innovative Produkte und das richtige Mindset die Industrie voranbringen.
DooH auf dem DSS Europe
Eine große Mischung aus Herausforderungen und Chancen zeigte sich auch bei den Retail-Media- und DooH-Panels. Zunehmende Skepsis von Teilen der Bevölkerung trifft dabei auf neue Möglichkeiten der Daten-Integrationen, die DooH im Wettbewerb mit anderen Channels auf die nächste Stufe heben kann. Mehr dazu in Kürze in einem separaten Artikel.
Erfreulich dabei: Die mehr als 400 Summit-Besucher zeichneten sich wieder durch eine sehr hohe Qualität aus. Zudem waren führende Köpfe der Industrie aus den USA angereist, die allesamt dem Summit ein sehr gutes Zeugnis ausstellten und die Internationalität des Publikums betonten. Das bot neue Perspektiven und öffnete Networking-Möglichkeiten, die den DSS Europe noch einmal auf eine neue Stufe heben konnte. Zukunft wurde hier gemacht. In welchem Maße, wird sich auf dem DSS Europe 2026 zeigen, wenn sich die internationale Digital Signage-Elite wieder in München versammelt.