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Energiesparplan 2022

München leuchtet – immer noch

München | Ein Abend in Innenstadt und Fußgängerzone zeigt: Die neue Energieeinsparverordnung greift nur teilweise. Es gibt noch viel Licht – und Digital Signage-Energiefresser.
München leuchtet auch nach 22 Uhr - dank Laternen, des Osram-Schriftzuges und des Mondes. (Foto: invidis)
München leuchtet auch nach 22 Uhr – dank Laternen, des Osram-Schriftzuges und des Mondes. (Foto: invidis)

Seit dem 1. September 2022 gilt die neue Energiesparverordnung. Nach dieser sind ab 22 Uhr bis 16 Uhr des Folgetages beleuchtete Werbungen abzuschalten. Darunter fallen sowohl digitale sowie analoge Außenwerbungen als auch klassische Lichtreklamen. Ebenso sind unter normalen Umständen Gebäude-Illuminationen untersagt (Die Originalversion der Verordnung lässt sich auf der Website des Bundeswirtschaftsministeriums herunterladen). Unter anderem kritisierte die Außenwerbung die Verordnung deutlich.

Update 28.9.2022: Das Kabinett hat die Energieeinsparverordnung geändert. Näheres dazu in der aktuellen invidis-Meldung.

Doch wie wird das Leucht-Verbot umgesetzt? Wie dunkel ist München nach 22 Uhr? invidis hat sich am Sonntag Abend in der Münchner Innenstadt umgesehen.

Wer dachte, dass Punkt 10 Uhr alle Lichter ausgehen, hat sich getäuscht. Um 23 Uhr brennen die meisten klassischen Leuchtwerbungen noch. Kein Wunder: Die meisten müssten erst umgerüstet werden, da sie nicht mit flexiblen Zeitschaltuhren betrieben werden. Elektriker sind mit den Aufträgen vollkommen überbucht.

Private Leuchtwerbung ersetzt Illumination

Besonders auffallend: Der berühmte Osram-Schriftzug am Karlsplatz, Stachus: Der Claim „Hell wie der lichte Tag“ leuchtet (wenn auch ohne den „Osram“-Teil) und scheint die Energieeinsparverordnung ein wenig auf den Arm zu nehmen.

Was auffällt: Die Illuminationen der öffentlichen Gebäude sind konsequent ausgeschaltet, wodurch Leuchtwerbungen deutlich mehr auffallen. Anleuchtungen von großen Store-Häusern sind im Vergleich zu einer ersten Begehung am vergangenen Dienstag zurückgegangen: Vor ein paar Tagen leuchteten die Traditionshäuser Beck und Hirmer noch ins Dunkle hinein, das ist nun vorbei.

Digitale Screens und Außenwerbung

Digitale Außenwerbung ist in der Münchner Innenstadt spärlich gesät. Der große Screen am Mathäser-Kino ist aus. Die dreiseitigen Stelen von Ströer am Hauptbahnhof laufen, spielen jedoch keine Werbung ab. Einige beleuchtete, selbstdrehende Litfaßsäulen laufen normal.

Haltestellen sind teilweise beleuchtet, andere nicht. Ob diese an den jeweiligen Standorten mit ihrem Licht für mehr Sicherheit sorgen und somit von der Verordnung ausgenommen werden, wird sicherlich Gegenstand von langwierigen Verhandlungen.

Auffällig auf der Ludwigsstraße: An den Haltestellen sind die Screens aus, doch sind die analogen Werbungen auf der anderen Seite beleuchtet.

Anders sieht es bei den Schaufenstern in und um die Fußgängerzone aus. Schaufenster sind nach dem aktuellen Stand von der Verordnung ausgenommen – was diese auch teilweise ausnutzen. Einige Stores sind dunkel, bei anderen läuft das normale Programm.

Der Einzelhandel hat in Corona-Zeiten gelitten; verständlich, dass dieser nicht neuen Einschränkungen unterworfen werden soll. Diskussionswürdig ist es, ob Video-Content auf voller Helle in der Nacht laufen muss. Jedoch stellt sich auch hier die Frage, inwiefern die Systeme noch umgerüstet werden müssen für die neuen Zeiten. Es gibt jedoch auch Screens, die in der Nacht ausgeschaltet werden.

Energiefresser in den Fenstern

Überhaupt nicht verständlich sind in diesen Zeiten Digital Signage-Installationen, die gedankenlos Energie verschwenden – und somit in Zeiten, in denen die Bevölkerung äußerst sensibel auf digitale Stromverschwendung reagiert, die gesamte Branche in einem schlechten Licht erscheinen lassen. Von großen LED-Walls, die in der hintersten Ecke des Geschäfts munter weiter laufen bis zu einfach weiß leuchtenden Screens.

Die gesamte Industrie muss nun Green Signage wirklich ernst nehmen. Nicht nur, weil Energie immer kostbarer wird und Unternehmen energieschonende Lösungen bevorzugen werden. Auch die Öffentlichkeit wird die Branche daran messen, wie sehr sie sich ins Zeug legt. Sicher: Einige können und wollen nicht von der „Digital-ist-böse“-Schiene herunter. Doch zusammen mit der richtigen Kommunikation kann die Branche zeigen, dass sie Teil der modernen Gesellschaft ist – auch in der Krise.

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